Dienstag, 11. Dezember 2012


Als Gärtner der sich mit "merk-würdigen" Nutzpflanzen beschäftigt, ist das fast schon eine Offenbarung. Citrus hystrix, oder anders gesagt Kaffir Limetten, mit soooo einer reichlichen Fruchternte! Kaffirlimetten finden bevorzugt in der Thailändischen Küche Verwendung und dort auch meist ausschließlich inform der Blätter. Das Aroma kann man mit zitronig herb beschreiben. Muffig würde ich eher sagen. Aber, wie so viele Würzzutaten ergibt sich der geschmackliche Sinn erst im Gesamtkunstwerk des gekochten Gerichts. Austern, Trüffel, Epazote. Da gibt es vieles in der Küche, was ein feinfühliger Gaumen eher als verdorbene Zutat einordnen würde. Wäre da nicht das Gesamtkunstwerk (von besagten Austern mal abgesehen, denn da fällt mir weißgott nichts ein, was dieses Schlabberzeug geschmacklich retten könnte) eines Gerichtes, das den Charme erst durch so ein Würzkraut erhält. Wie gesagt, Thailändische Küche. Beziehen kann man die Kaffir Limettenblätter in der Regel über diverse Asia Läden, die inzwischen jedem türkischen Lebensmittelsupermarkt den Rang abzulaufen scheinen. Dort erhalten Sie die Blätter jedoch meist getrocknet (was geschmacklich ungefähr so intensiv ist wie eine Gabel Heu) oder eben tiefgeforen, was an Geschmacksintensität auch nicht viel besser ist. Am Besten einfach frisch. Und dafür sollen die Pflanzen dienlich sein. Deshalb wird die Fruchternte von mir sorgsam ausgelöst und die Kerne wieder zur Aussaat gebracht. Citrus Gewächse lassen sich ja nur ungern aussäen. Zumindest die züchterischen Varietäten. Doch ich bin guter Dinge, nächsten Sommer auf den Märkten die ersten Samenechten Pflanzen präsentieren zu dürfen.

Freitag, 7. Dezember 2012

Neugierige Wintergäste

Kaum zu glauben. Im Allgemeinen vermuten Menschen, die sich auch nur in Ansätzen mit dem Seelenleben von Pflanzen beschäftigen (oder wenigstens tief im Innersten die Existenz eines Selbigen zulassen können), ein im Verhältnis zum Menschen eher träges Reaktionsverhalten auf all die äußeren Einflüsse, die sich um diese geheimnisvollen Kreaturen herum abspielen. Aber neugierig sind sie doch! Und das auch noch ziemlich zeitnah! Zugegeben, es ist ein Bluegum. Also um genau zu sein, ein Eucalyptus globulus ssp. bicostata. Die Vorfahren stammen aus Australien, was auch auf ein trinkfestes Wesen hin schließen lässt, was man zumindest den Menschen Downunder nachsagt. Und nachdem Pflanzen meist auch nur Menschen sind, verhält es sich bei dieser Eukalyptus Art ähnlich. Säuft wie ein Loch (überwiegend Münchner Wasser), scheint stets gut gelaunt zu sein, obwohl ich immer wieder die langen Triebe die er im Sommer zum Vorschein bringt, hemmungslos abschneide, und drückt nun sogar seine graublauen Eukalyptus Blätter scheinbar neugierig an die Fensterscheiben um zu sehen, wie die Schneeflocken da draußen durch die Lüfte tanzen. Mitten im Winter also!
Vielleicht entpuppt sich bei Pflanzen sogar eine bisher unentdeckte Eigenart des Kommunikationsbedürfnisses? Damit könnte man ganze Stammtische begrünen und selbst introvertierte Personen oder welche mit autistischen Zügen würden sich in den Gärtnereien unserer Republik mit neuen Gesprächspartnern eindecken.
Nonverbale Kommunikation funktioniert unter Menschen ja oft unter langjährig verheirateten Partnern, die gemeinsam einen Restaurant besuchen. Hier könnte eine unauffällige Tischpflanze enorm zu einer Belebung des meist nicht existierenden Gespräches beitragen. Den gärtnerischen Geschäftsideen sind praktisch keine Grenzen gesetzt. Und das alles nur wegen eines Eukalyptus Baumes, der das Schneetreiben hinter geschützten Glashaus Wänden scheinbar außerordentlich interessiert verfolgt. Trotzdem hoffe ich auf einen insgesamt milden Winter. Von den Pflanzen kann ich lernen, dass es ja eh so kommt wie es kommt. Ich übe mich weiterhin in Geduld.

Sonntag, 2. Dezember 2012

...also bin ich!

So soll es sein. Auf meiner nicht mehr ganz so neuen Teetasse steht das Wesentliche schon geschrieben. Ein Geschenk meiner Tochter, die mein gärtnerisches Tun seit Jahren schon aus dem (mir) fernen Schottland beobachtet und mein pflanzliches Treiben mit diesen Worten auf einen wirklich treffenden Nenner bringt. Nun ist es ja nicht ganz so einfach, sich auf Pflanzen wirklich einzulassen. Denn wenn man diese Gewächse als Lebende, lebendige und beseelte Wesen anerkennt, dann wird es immer schwieriger mit der artgerechten Haltung oder gar mit dem bewussten essen. Was bei der Frage von Tierfleisch als Lebensmittel inzwischen schon in aller Munde - oder besser eben nicht mehr in aller Munde - zu sein scheint, ist bei Pflanzen noch nichtmal in unser Bewusstsein vorgerückt. Pflanzen als gleichwertige oder gleichberechtigte Lebewesen in unserer Gesellschaft anzuerkennen ist für uns sicherlich noch in weiter Ferne. Wie viele Menschen gibt es, die sich anstatt eines Haustieres ganz bewusst eine Hauspflanze halten würden? Fällt eine Obstplantage schon unter den noch garnicht existierenden Begriff der Massenpflanzenhaltung? Bedeutet eine Gewächshauskultur grundsätzlich Käfighaltung für Nutzpflanzen? Darf man Gemüse einzig zu dem Zweck anbauen, um es am Ende ihres Pflanzenlebens zu schlachten - oh, pardon - zu ernten? Ich gärtnere, also bin ich. Und diese Fragen müssen erlaubt sein.
Ich möchte gerne den Wert - den Lebenswert - einer Pflanze dem eines Tieres gleich gesetzt sehen. Das gelingt mir zugegebenermaßen bisher nur sehr bedingt. Zunächst kommt der Mensch, dann das Tier, danach die Pflanze und am Ende all das Kleinzeugs, das man nicht sehen kann. Mit dieser Rangordnung der Lebewesen bin ich groß geworden. Was passiert aber, wenn diese Einteilung weg bleibt? Es gibt noch viel zu lernen und Vieles zu entdecken.
Ich gärtnere, also bin ich! So ein Glück!